Trend-Scout
2025-12-11 13:34:00

Konsumrausch trotz Konjunktursorgen: Wie Ulta, Victoria’s Secret und American Eagle die Retail-Bühne dominieren!

Zwischen Glamour und Gegenwind: Wie Amerikas Konsumikonen neue Stärke zeigen

Der US-Konsum zieht einmal mehr seine eigenen Regeln durch. Während weite Teile des Einzelhandels weiter unter der Last hoher Preise, politischer Unsicherheit und Zinsängsten ächzen, bricht eine Handvoll Marken aus dem Modenebel hervor. Im Fokus: Ulta Beauty (ULTA), Victoria’s Secret (VSCO) und American Eagle Outfitters (AEO) – drei sehr unterschiedliche Namen, die eines eint: Sie verstehen, wie Emotion, Identität und Produktinszenierung den Kunden auch in schwierigen Zeiten an die Kasse bringen.

Das Jahr 2025 ist geprägt von politischer Polarisierung, globalem Gegenwind und einer Wirtschaft im Kampf gegen strukturelle Trägheit. Donald Trump, zum zweiten Mal US-Präsident, setzt mit seinem protektionistischen Kurs erneut Zölle in Kraft, die zahlreiche Importeure belasten. Doch überraschend trotzen einige Konsumsegmente dieser Gemengelage – allen voran Beauty- und Lifestyle-Produkte, die zum Ausdruck von Selbstwert und Zugehörigkeit geworden sind. Der Markt belohnt die Marken, die dieses Gefühl glaubwürdig transportieren. Und so entstehen Börsengeschichten, die weit über Quartalszahlen hinausweisen – es sind Comebacks, Identitätswechsel und klug inszenierte Selbstfindungen, die Investoren und Analysten gleichermaßen elektrisieren.

Ulta Beauty: Wie "Masstige" zum Rezept der Stunde wird

Kaum ein Einzelhändler symbolisiert den aktuellen Beauty-Hype so stark wie Ulta Beauty. Der Konzern meldete jüngst ein Rekordergebnis und durchbrach mit einem zweistelligen Kurssprung ein neues Allzeithoch. Analysten jubeln – nicht so sehr über den Gewinnsprung von 13 %, sondern über die strategische Klarheit, mit der Ulta den Nerv der Konsumenten trifft. Das Schlagwort lautet "Masstige" – eine Wortschöpfung aus "mass" und "prestige". Sie beschreibt Ultas Fähigkeit, Luxus und Erschwinglichkeit in einem Angebot zu verschmelzen. Kundinnen finden sowohl Premium-Marken als auch beliebte preisgünstige Produkte im gleichen Regal. In Zeiten, in denen Kaufkraft und Selbstoptimierung in dauerndem Konflikt stehen, ist das ein unschlagbarer Vorteil.

Der Erfolg zeigt sich besonders in der Markenvielfalt, die Ulta konsequent erweitert

Produkthypes aus Korea wie Medicube und Anua schließen die Lücke zwischen Mass Market und High-End – klug, denn jüngere Zielgruppen sind durch TikTok und Instagram längst an globale Beauty-Trends gewöhnt. CEO Kecia Steelman fasste es in einem Satz zusammen: Frische Sortimente, starke Online-Präsenz und auffällige Kampagnen würden genau das liefern, "was die Kundschaft möchte". Tatsächlich profitiert Ulta massiv vom E-Commerce-Anteil, der den stationären Handel ergänzt statt ersetzt. Das Ergebnis: wachsende Margen und eine scheinbar unerschütterliche Nachfrage. Doch es geht um mehr als nur Zahlen. Ulta hat ein Gespür für den psychologischen Faktor des Konsums entwickelt – Schönheit als erschwingliches Stück Luxus, das sich jeder leisten will. Analysten von Jefferies betonen, dass gerade dieser "zugängliche Luxus" die breite Basis stabilisiert, während die ästhetische Aufwertung die Marke nach oben zieht. Im Retail-Sektor, der vielerorts schwächelt, ist Ulta mittlerweile eine Art "defensive Wachstumsaktie" – mit Charme, Story und Substanz, die man nicht ignorieren sollte.

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Victoria’s Secret: Vom Imageproblem zum Revival einer Ikone

Wenn es um Markenwiedergeburt geht, ist der Fall Victoria’s Secret fast ein Fallstudienstoff für Wirtschaftshochschulen. Als das Unternehmen vor einigen Jahren in der öffentlichen Wahrnehmung als überholt galt, hielten viele einen Turnaround für ausgeschlossen. 2025 ist klar: Diese Marke ist wieder da – und wie. Der dritte Quartalsbericht des Unternehmens hat die Börse elektrisiert. Ein Umsatzplus von 9 %, gleichzeitig eine Verringerung des Verlustes weit über Analystenschätzungen hinaus – das allein wäre bemerkenswert. Doch die eigentliche Sensation liegt tiefer: CEO Hillary Super hat die Marke inhaltlich verwandelt, ohne ihre DNA zu verleugnen.

Die neue Devise lautet Modern Sensuality statt Old Glamour

Die legendäre Victoria’s Secret Fashion Show ist zurück – aufgefrischt, immer etwas diverser, aber dennoch old-school-glamourös. Und sie wirkt: Das Event löste online wie offline eine Resonanz aus, die sich sofort in höherem Traffic und wiedergewonnenem Markenstolz bemerkbar machte. Besonders junge Kundinnen zwischen 18 und 25 Jahren entdecken das Label neu, angezogen von Kampagnen mit kultureller Strahlkraft und internationalem Appeal – etwa in Kooperation mit der K-Pop-Gruppe TWICE.

Im Hintergrund wirkt nun auch die operative Disziplin

Reduzierte Rabatte, bessere Preissteuerung und Investitionen in digitale Kampagnen haben die Margen erkennbar verbessert. Selbst der Beauty-Bereich, lange ein Nebenprodukt im Sortiment, entwickelt sich jetzt zum Wachstumstreiber. Mit gerade einmal 40 % der Kundschaft, die regelmäßig Beauty kauft, ist das Potenzial enorm. Die internationalen Märkte, insbesondere China, weisen zweistellige Wachstumsraten auf. Super spricht von einer "Pipeline voller Innovationen" – besonders im BH- und Beauty-Segment. Damit positioniert sich Victoria’s Secret als multidimensionaler Lifestyle-Anbieter, der Emotion, Technologie und Mode elegant zusammenführt. Zwar bleiben die von Trump verhängten Zollaufschläge ein Belastungsfaktor – rund 90 Mio. USD jährlich –, doch das Management begegnet dem mit gezielter Preisstrategie und operativer Effizienz. In Summe steht VSCO wohl tatsächlich an einem Punkt, an dem sich der Börsenkurs nicht nur an Zahlen, sondern an einer wiedergewonnenen Markenidentität messen lässt – ein seltener Moment im zyklischen Retail-Business.

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American Eagle Outfitters: Zwischen Jeans, Haltung und dem "Aerie"-Wunder

Während Beauty und Lingerie die Stimmung treiben, liefert American Eagle Outfitters ein Paradebeispiel dafür, wie modernes Marketing aus Social Buzz echten Umsatz macht. Die Aktie schoss Ende November um zeitweise 15 % nach oben – Auslöser: virale Kampagnen und starkes Weihnachtsgeschäft. Im Zentrum der Erfolgsgeschichte stehen Kampagnen mit Popkulturgesichtern wie Sydney Sweeney, Travis Kelce und – zur Überraschung vieler – Martha Stewart, die als Ikone jenseits der Gen Z plötzlich neue Zielgruppen anspricht.

Besonders der Slogan "Sydney Sweeney Has Great Jeans" sorgte für Wirbel: Während progressive Stimmen Kritik übten, lobte Präsident Trump persönlich die Kampagne – ein PR-Coup sondergleichen. Doch das allein erklärt den Höhenflug nicht. Die wahre Ertragsmaschine im Konzern heißt Aerie – die Unterwäsche- und Loungewear-Marke, die mit Body-Positivity, Inklusivität und Komfort wirbt. Laut UBS-Analysten ist Aerie einer der "am meisten unterschätzten Wachstumstreiber im Textilsektor". Das bestätigt sich in Zahlen: Das Segment steigert die Umsätze zweistellig, weshalb AEO seine Prognosen gleich mehrfach anheben musste.

Besonders auffällig ist, dass die Marke auch im schwierigen Marktumfeld höhere Durchschnittspreise durchsetzen kann – ein Zeichen für echte Markenkraft. Und obwohl amerikanische Einzelhändler aufgrund neuer Importzölle bis zu 70 Mio. USD an Zusatzkosten tragen, bleibt American Eagle profitabel und wachstumsorientiert. Jay Schottenstein, der CEO, beschreibt die Strategie simpel: Relevanz durch mutiges Storytelling und konsequente Markenpflege. AEO erzeugt Aufmerksamkeit – nicht über Rabatte, sondern durch Emotion. Dabei profitiert das Unternehmen auch vom E-Commerce- und Social-Media-Boost, der durch virale Inhalte zusätzlich Reichweite schafft. Analysten sehen in Aerie schon fast das "Lululemon der nächsten Kunden-Generation" – vielleicht keine Übertreibung. Denn die Verbindung aus Komfort, Integrität und digitaler Präsenz trifft den Zeitgeist exakt.

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Sektor-Rahmen: Beauty, Lifestyle, Intimatewear – die neuen Defensiven

Abschließend bleibt es anzumerken, dass ein Blick auf die Sektoren eindeutig zeigt: Der klassische Bekleidungshandel kämpft weiterhin mit Überangebot, Preisdruck und schwankender Konsumentenstimmung. Doch Beauty und Intimate-Wear bilden zunehmend die Gegenpole – Märkte, die emotionaler, persönlicher und margenstärker sind. Wie Daten des Marktforschers Circana zeigen, wuchs die amerikanische Beauty-Branche im dritten Quartal 2025 über alle Segmente hinweg. Premium-Kosmetik legte um 4 % zu, der Massenmarkt sogar um 5 %. Besonders beeindruckend: Ein Drittel der US-Verbraucher plant in dieser Weihnachtszeit Beauty-Produkte zu verschenken und die Tendenz ist weiter steigend.

Genau diese Verschiebung hin zu emotionalen, identitätsstiftenden Kaufentscheidungen macht Unternehmen wie Ulta oder Victoria’s Secret zu Gewinnern eines neuen, "psychologischen Konsumbooms". Selbst bei leicht gedämpftem Wirtschaftsausblick sind diese Marken robuste Cashflow-Lieferanten, weil sie Zugehörigkeit und Wohlgefühl verkaufen, nicht bloß Waren. AEO wiederum beweist, dass Storytelling im Modehandel das entscheidende Differenzierungsmerkmal bleibt. In einer Zeit, in der Fast Fashion immer austauschbarer wirkt, gewinnt Relevanz – ob über politische Kontroversen, Celebrity-Kampagnen oder soziale Themen.

Fazit: Neue Stärke im alten Konsumparadigmen

Das Jahr 2025 markiert somit für den US-Einzelhandel eine faszinierende Wende. Nach Jahren des Preiskampfes, einer stark ausgeprägten Mainstream-Tendenz für alle möglichen Kundengruppen verschiebt sich der Wettbewerb nun endlich hin zu Markencharakter, Emotionalität, Mehrwert und Exklusivität. Ulta Beauty mit seinem "Masstige"-Mix, Victoria’s Secret mit seiner modernen Sinnlichkeit und dem beliebten und in den letzten Jahren stark vermissten Angels-Old-School-Touch und American Eagle mit der jugendlichen Authentizität von Aerie stehen beispielhaft für diesen Wandel.

Für Investoren ergibt sich ein bemerkenswertes Bild: Inmitten hoher Zinsen und geopolitischer Unsicherheit liegt die Stabilität der Renditen ausgerechnet in jenen Branchen, die die Sehnsucht nach Selbstverwirklichung bedienen. Beauty, Fashion und Lifestyle – sie sind nicht länger Nebenschauplätze, sondern Schlüsselindustrien des modernen Konsums. Wer also verstehen will, wohin sich der US-Konsum unter Präsident Trump und der neuen Marktlogik bewegt, muss nicht allein auf Geldflüsse, sondern auf Gefühle schauen. Denn dort, wo Wohlgefühl und Selbstausdruck auf innovative Handelsmodelle mit einem Social-Media-Hype-Touch treffen, entstehen die Aktiengeschichten, die den Markt auch 2026 prägen werden.

Viel Erfolg und bleiben Sie profitabel!

Verantwortlicher Redakteur Kulikov Leonid: keine Eigenpositionen.